Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten.

Kunst von Frauen war über viele Jahrhunderte kaum sichtbar. Ein Leben als Künstlerin war zwar möglich, jedoch nicht vorgesehen und mit vielen Herausforderungen und Hürden verbunden. Bis heute sind die Werke männlicher Künstler weitaus bekannter und verbreiteter als die ihrer Kolleginnen, was vor allem durch den männlichen Blick begründet ist, der bis ins 20. Jahrhundert die Kunstwissenschaft bestimmte. Eine Ausstellung im Bucerius Kunst Forum in Hamburg widmet sich nun speziell Werken weiblicher Kunstschaffender aus dem 16. bis 18. Jahrhundert und stellt sie denen ihrer männlichen Kollegen gegenüber.

Wir haben die Ausstellung zum Anlass genommen, uns mit Frauen in der Musik zu beschäftigen und uns auf die Suche nach Kompositionen von Frauen gemacht. Fünf Stipendiat:innen waren an dieser Suche maßgeblich beteiligt und werden ihre Funde beim Wandelkonzert durch die Ausstellung am 28. November präsentieren.

Manuel J. Hartung, Vorsitzender des Vorstands der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius:

"Vergangene Woche hat Taylor Swift einen neuen Rekord aufgestellt: Noch nie zuvor wurde eine Künstlerin oder ein Künstler an einem Tag so oft auf Spotify gestreamt. Erfolge wie diese zeigen die große Rolle, die Frauen in der Musik spielen. Doch weiter gilt: Frauen werden geringer entlohnt, ihre Werke weniger gespielt und seltener ausgestellt. Die ZEIT-Stiftung möchte zusammen mit der Deutschen Stiftung Musikleben die Kunst von Frauen in den Mittelpunkt rücken. Gemeinsam können wir im Rahmen der Ausstellung ‚Geniale Frauen‘ mit dem Wandelkonzert ‚Der Klang der Frauen‘ die Werke von Komponistinnen im Bucerius Kunst Forum feiern.“

Die Musikerin Moë Dierstein (Violine) hat durch die intensive Beschäftigung mit den Werken von Frauen Einiges dazugelernt: „Die Recherche für das Wandelprojekt war tatsächlich das erste Mal, dass ich mich ernsthaft auf die Suche nach Stücken von Komponistinnen begeben habe. Davor habe ich zwar einige zeitgenössische und wenige romantische Stücke von Frauen gespielt, doch gerade mit barocker und klassischer Literatur kannte ich mich gar nicht aus.“ An Schulen und Universitäten seien Frauen in der Musik immer noch selten Thema, meint sie. „In der Schule haben wir im Musik-Leistungskurs (eines Mädchengymnasiums!) nie über Frauen in der Musik gesprochen oder etwas in dieser Richtung behandelt. Auch in der Vorklasse der Musikhochschule war das kaum ein Thema. Wirklich schade.“

Sucht man nach Werken weiblicher Komponistinnen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, muss man zunächst gründlich suchen. „Das war anfangs ziemlich mühsam“, erinnert sich die junge Geigerin, „doch dann hat es mit den tollen Stücken gar nicht mehr aufgehört! Die Recherche hat mich gefesselt, weil diese Frauen als Komponistinnen und Musikerinnen mit so vielen Widerständen zu kämpfen hatten. Faszinierend finde ich dabei die beeindruckende Leidenschaft und den großen Mut, den die Komponistinnen gehabt haben müssen.“

Wir hoffen, dass die Ausstellung im Bucerius Kunst Forum und das Wandelkonzert auf die Kunst von Frauen aufmerksam machen. Es wäre ein Gewinn, wenn uns künftig auch weibliche Namen einfielen, wenn wir an Kunstwerke und Musikstücke denken. Moë Dierstein hat ihre neue Lieblingskomponistin gefunden: Maddalena Casulana (*um 1544)! Sie genoss als Komponistin ein großes Ansehen auch außerhalb ihres Heimatslandes Italien und gilt als eine der ersten Frauen, deren Werke gedruckt wurden. Aus ihren Briefen und Schriften geht hervor, dass sie es nicht leicht hatte in der männerdominierten Musikwelt. Ihr Wunsch war es, den ‚närrischen Irrtum der Männer‘ zu beweisen, dass nur sie ‚Meister hoher Intellektueller Fähigkeiten seien‘ (Il primo libro di madrigali a quattro voci).“

Wandelkonzert durch die Ausstellung „Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten“ im Bucerius Kunst Forum Hamburg am 28. November 2023 um 19 Uhr.

Es spielen: Moë Dierstein (Violine), Eric Seohyun Moon (Viola), Anouchka Hack (Violoncello), Myriam Navarri (Oboe) und Katharina Martini (Querflöte).

Karten gibt es hier.