Auf ein Wort mit Nicolò Umberto Foron
Nicolò Umberto Foron ist auf der Überholspur unterwegs: 2023 gewann er den 1. Preis bei der "Donatella Flick Conducting Competition“ in London, arbeitet seitdem mit dem London Symphony Orchester zusammen und wurde im August 2024 mit dem Förderpreis des Musikfestes Bremen und Deutschlandfunk ausgezeichnet. Der Preis: ein Konzert mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin in der Glocke in Bremen mit CD-Produktion. Der junge Dirigent ist seit 2021 Stipendiat der Deutschen Stiftung Musikleben und erhielt bereits zweimal eine Förderung mit dem Gerd Bucerius-Stipendium. Neben dem Dirigieren ist Nicolò auch Komponist und arbeitet viel mit dem Ensemble Intercontemporain zusammen.
Am 14. Oktober leitet er das Streichorchester bei unserem Benefizkonzert im Großen Saal der Elbphilharmonie. Wir haben Nicolò gefragt, wie er zum Dirigieren gekommen ist und auf was sich das Publikum am Konzertabend besonders freuen kann.
Deutsche Stiftung Musikleben: Was reizt dich besonders am Dirigieren und wie bist du dazu gekommen?
Nicolò Umberto Foron: Ich bin ursprünglich Pianist, ausgebildet von Prof. Karl-Heinz Kämmerling in Hannover und Prof. Anatol Ugorski in Detmold. Schon sehr früh habe ich aber auch die Liebe zum Dirigieren entdeckt, hauptsächlich deshalb, weil es beim Dirigieren viel mehr um Menschen geht, als am Klavier. Außerdem habe ich das Gefühl, dabei die Möglichkeit zu haben, die Musiker direkter zu formen.
Dem Dirigieren näher gekommen bin ich vor allem durch den finnischen Dirigenten und Lehrer Jorma Panula. Als ich elf Jahre alt war, wurde ich ihm durch Prof. Kämmerling vorgestellt. Jorma Panula unterrichtete damals im Raum neben Prof. Kämmerling an der Universität Mozarteum in Salzburg. Ich bekundete mein großes Interesse am Dirigieren, woraufhin er antwortete, ich könne in der kommenden Woche ja mal nach Helsinki kommen. Dass ich das wirklich machen würde, hat er wohl nicht gedacht, aber ich bin tatsächlich hingefahren. Letztes Jahr durfte ich nun das Mozarteum Orchester Salzburg dirigieren. Das hat mich besonders gefreut – dorthin zurückzukommen, wo ich begonnen habe.
Das wichtigste am Dirigieren ist für mich wirklich diese menschliche Komponente. Als Dirigent hat man eine Position zwischen den Musikern, dem Komponisten und den Zuhörern. Es ist gewissermaßen eine Vermittlerrolle. Dieses Abwägen verschiedener Prioritäten finde ich besonders reizvoll.
Außerdem ist mir wichtig, als Dirigent auch andere Kommunikationswege mit dem Publikum zu nutzen, beispielsweise Interviews oder das Vorstellen des Konzertprogrammes vor Beginn des Konzertes.
DSM: Wie bereitest du dich auf ein Konzert vor?
NUF: Ich bereite mich auf ein Konzert sehr strukturiert vor. Ich arbeite alle Parameter nacheinander ab, also zum Beispiel Harmonie, Struktur, gesellschaftlicher Kontext, chromatische Entwicklungen, spezielle Artikulationen, Orchestrierung und so weiter. Ich mache das vor allem deshalb so akribisch, weil ich schon sehr viel Neue Musik gemacht habe.
Der zweite Schritt ist, mein Ziel festzulegen, also wohin ich das Orchester in den Proben bringen will, und mich darauf vorzubereiten, was dabei möglicherweise schieflaufen könnte. Da muss man auf jeden Fall die übergeordnete Struktur des Stückes verstehen, damit man weiß, wohin man das Publikum mit diesem Stück führen möchte und wie das am besten gelingt.
DSM: Wie verbringst du die Zeit direkt vor dem Auftritt? Hast du ein Ritual?
NUF: Ich mache sehr gerne Yoga vor meinem Auftritt. Dadurch komme ich in das richtige Mindset, um konzentriert und kontrolliert zu musizieren, und trotzdem bereit zu sein, zu kreieren und auch ein gewisses Risiko einzugehen. Manchmal gehe ich auch bestimmte Aspekte des jeweiligen Stücks nochmal durch. Als ich im August das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin in Bremen dirigiert habe, war mir wichtig, die Richtung und den Spannungsbogen (Berlioz‘ Fantastique) nochmal durchzugehen.
DSM: Was möchtest Du über das Konzert am 14. Oktober sagen und worauf kann sich das Publikum freuen?
NUF: Ich habe die Möglichkeit und das Vertrauen der Deutschen Stiftung Musikleben, zwei Werke erarbeiten und präsentieren zu dürfen. Es sind Stücke von sehr unterschiedlichen Komponisten, die allerdings zu einer ähnlichen Zeit geschrieben wurden. Das Publikum kann sich besonders auf die verschiedenen Charaktere freuen. Beide Komponisten, Respighi und Bartók, sind Erzähler – das Publikum wird also eine Geschichte erleben. Ich versuche, die verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten dieser Musik zu vermitteln, so dass für das Publikum Raum entsteht, beim Zuhören ganz eigene Geschichten entstehen zu lassen.
Benefizkonzert der Deutschen Stiftung Musikleben am 14. Oktober 2024 um 20 Uhr in Großen Saal der Elbphilharmonie. Tickets gibt es hier